Es ist kein Geheimnis, dass ich ein großer Fan von ChatGPT bin. Aktuell begleitet mich das großartige Hörbuch Mythos Mutterinstinkt* von Annika Rösler und Evelyn Höllrigl Tschaikner. Darin wird die Matreszenz (ein Begriff, der sich im deutschsprachigen Raum leider nie durchgesetzt hat) thematisiert, also der Prozess des Mutter-Werdens mit all seinen Facetten, Herausforderungen und natürlich den gesellschaftlichen Problemen, die damit einhergehen.
Im Buch werden Themen wie patriarchale Strukturen, Care-Arbeit und paritätische Elternschaft beleuchtet. Es analysiert Schwangerschaft, Wochenbett und die Zeit danach anhand wissenschaftlicher Studien und zeigt eindrücklich, wie diese Lebensphase strukturelle und psychologische Veränderungen mit sich bringt. Besonders spannend finde ich die Erklärung zur sogenannten Schwangerschafts- und Stilldemenz. Diese Begriffe werden oft abwertend oder humoristisch genutzt, doch das Buch zeigt, dass es sich hierbei um reale, wissenschaftlich belegte Phänomene handelt.
So verändere sich das Gehirn während der Schwangerschaft strukturell: Der Verlust grauer Masse sei dabei keineswegs ein Indikator für den Verlust kognitiver Fähigkeiten, sondern ein Prozess des „Finetunings“. Das Gehirn optimiere sich für die neuen Anforderungen – insbesondere für die intensive Fürsorge eines Säuglings. Interessanterweise handele es sich also weniger um einen angeborenen „Mutterinstinkt“, sondern um erlernte Fähigkeiten, die auch vom anderen Elternteil erworben werden könnten. Der einzige „Vorsprung“ der Mutter ergebe sich aus der hormonellen Umstellung während der Schwangerschaft.
Dieses Hörbuch war für mich schon jetzt ein Augenöffner, und ich bin gespannt, welche Erkenntnisse es mir auf den letzten Kapiteln noch bietet.
ChatGPT als feministischer Buchtipp-Geber
Inspiriert vom Hörbuch – und weil ich Nachschub brauche, wenn ich damit durch bin – dachte ich mir: Warum nicht ChatGPT fragen, welche feministische Literatur es mir empfehlen kann? Mit wenigen Eingaben erstellte mir das Tool eine beeindruckende Liste. Ich bat zum Beispiel um Titel in den Kategorien Klassiker der feministischen Literatur, Werke nicht-weißer Autor*innen sowie Bücher queerer bzw. LGBTQIA+-Schriftsteller*innen.
Das andere Geschlecht* von Simone de Beauvoir stand bei den Klassikern natürlich ganz oben. Obwohl mir ihr Name schon lange ein Begriff ist, habe ich tatsächlich noch nie etwas von ihr gelesen – ein Punkt, den ich jetzt endlich ändern möchte. Auch in den anderen Kategorien habe ich wirklich viele tolle Vorschläge bekommen, so dass ich meine To-Read-Liste um Dutzende Titel erweitern konnte.
Feministische Belletristik: Eine Überraschung auf der Liste
Beim Durchstöbern der Empfehlungen fiel mir auf, dass es sich überwiegend um Sachbücher handelte. Also bat ich ChatGPT, mir feministische Belletristik vorzuschlagen, wieder bat ich um mehrere Listen zu verschiedenen Kategorien von literarischen Klassikern bis zu moderner Young-Adult-Literatur. Ein Titel, der herausstach, war Shatter Me* von Tahereh Mafi – ein Bestseller in der Jugendliteratur und bekannt aus der Welt von TikTok und BookTok.
Ich hatte das Hörbuch vor einer Weile in der Onleihe ausgeliehen, da es oft in der Bücherei nachgefragt wurde. Beim Hören empfand ich es jedoch nicht als feministisch. Aber wir wissen ja alle, dass ChatGPT Fehler machen kann und man generell die Antworten kritisch hinterfragen sollte und ggf. auch verifizieren muss. Neugierig fragte ich ChatGPT, warum dieses Buch als feministisch gelistet wird, weil ich es selbst nicht als feministisch empfunden habe – und die Antwort hat mich überrascht. Achtung, den folgenden Abschnitt am besten überspringen, wenn man das Buch noch nicht gelesen hat, da ich ihn komplett aus ChatGPT herauskopiere und er nicht ganz spoilerfrei ist.
Was ChatGPT zu Shatter Me sagt
„Shatter Me* von Tahereh Mafi wird in der feministischen Literatur oft nicht als „klassisches“ feministisches Werk gezählt, weil es primär ein dystopischer Young-Adult-Roman ist. Allerdings gibt es Aspekte in der Handlung und Charakterentwicklung, die feministische Perspektiven unterstützen oder symbolisieren könnten. Hier sind einige mögliche Gründe, warum es als feministisch gelesen werden könnte:
1. Entwicklung der weiblichen Hauptfigur
- Juliette beginnt die Geschichte als eine Figur, die von Isolation und Schuldgefühlen geprägt ist. Ihre Fähigkeit, andere durch Berührung zu verletzen, wird anfangs als Fluch dargestellt, was häufig als Metapher für weibliche Selbstzweifel oder das Gefühl, „zu viel“ oder „gefährlich“ zu sein, interpretiert werden kann.
- Im Verlauf der Serie entwickelt sie sich jedoch zu einer selbstbewussten, eigenständigen Anführerin, die lernt, ihre Kraft zu akzeptieren und zu nutzen. Diese Transformation – von einem unterdrückten, passiven Charakter zu einer mächtigen Figur – spiegelt feministisches Empowerment wider.
2. Hinterfragung von Macht und Kontrolle
- Die dystopische Welt von Shatter Me* zeigt eine Gesellschaft, in der Autorität und Kontrolle stark hierarchisch und repressiv sind. Feminist*innen können diese Welt als Parallele zu patriarchalen Strukturen lesen, in denen Juliette als Frau symbolisch unterdrückt wird.
- Ihre Fähigkeit, Kontrolle über ihre Kräfte zu gewinnen, könnte als feministisches Motiv interpretiert werden – ein Kampf gegen Systeme, die Frauen schwächen oder für ihre eigenen Zwecke nutzen.
3. Kritische Darstellung toxischer Männlichkeit
- Figuren wie Warner und Adam zeigen unterschiedliche Formen von Männlichkeit. Während Adam zunächst als Beschützer fungiert, wird später klar, dass er Juliette eher kontrollieren will, um seine eigene Unsicherheit zu kompensieren.
- Warner hingegen, der anfangs wie ein typischer „Bad Boy“ erscheint, entwickelt sich zu einem komplexen Charakter, der Juliette als ebenbürtig behandelt. Dies könnte als subtile Dekonstruktion typischer romantischer Rollen in YA-Literatur gesehen werden.
4. Überwindung von internalisierter Misogynie
- In der Serie arbeitet Juliette auch an ihrem Selbstbild und ihrer Beziehung zu anderen Frauen (wie z. B. Kenji und später Emmaline). Feministische Literatur beschäftigt sich oft mit der Überwindung von internalisierten Vorstellungen, die Frauen klein halten, und Juliette durchläuft genau diesen Prozess.
5. Symbolik von Juliette als Außenseiterin
- Juliettes Rolle als Außenseiterin, die von der Gesellschaft als „anders“ und gefährlich wahrgenommen wird, kann mit der Erfahrung vieler Frauen und marginalisierter Gruppen verglichen werden, die gegen gesellschaftliche Erwartungen kämpfen. Ihre Geschichte könnte daher als Metapher für den Kampf um Selbstbestimmung und Gleichheit gelesen werden.
Kritik aus feministischer Perspektive
Auf der anderen Seite gibt es auch kritische Stimmen, die argumentieren, dass die Serie in Bezug auf feministische Werte problematisch ist:
- Die Serie legt großen Wert auf romantische Beziehungen, und Juliettes Entwicklung ist oft mit ihrer Interaktion mit Männern verknüpft.
- In den frühen Teilen der Serie hat Juliette wenig Handlungsmacht und wird häufig durch externe Kräfte gesteuert.
Fazit
Shatter Me* ist kein explizit feministischer Text im Sinne eines Werks, das dezidiert feministische Theorien oder Themen behandelt. Dennoch enthält die Serie feministische Untertöne, insbesondere in Juliettes persönlicher Reise hin zu Eigenständigkeit und Macht. Je nachdem, wie man den Text liest, können diese Elemente als empowernd interpretiert werden, besonders für ein junges Publikum.
Wenn du den Text anders empfunden hast, würde ich deine Perspektive gern hören – solche Diskussionen sind ja oft auch subjektiv!“
Meine Perspektive auf Shatter Me
Die Analyse von ChatGPT fand ich wirklich spannend, weil sie sehr ausführlich und gut begründet war. Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Auch wenn ich das Buch nicht plötzlich als feministisches Meisterwerk sehe, fand ich es spannend, eine andere Perspektive auf die Geschichte zu bekommen. Diese neuen Denkanstöße sind genau das, was ich an Tools wie ChatGPT schätze: Sie eröffnen uns neue Blickwinkel, selbst auf Dinge, die wir längst abgeschlossen glaubten.
ChatGPT ist sicher nicht unfehlbar, aber als Sparringspartner für die Entwicklung neuer Gedanken und Ideen ist es für mich unschlagbar. Ich bin gespannt, welche feministische Bücher ich als Nächstes entdecken werde – oder welche meiner bisherigen Ansichten überdacht werden müssen.
Zusammenfassend …
Obwohl ich Shatter Me* wahrscheinlich nicht erneut lesen oder die Fortsetzungen beginnen werde, bin ich dankbar für die Diskussion, die ChatGPT angestoßen hat. Feministische Literatur ist ein breites und spannendes Feld, das nicht immer offensichtlich oder eindeutig ist. Genau das macht es so interessant, verschiedene Perspektiven und Interpretationen zu entdecken.
Welche feministischen Bücher stehen auf eurer Leseliste? Vielleicht habt ihr ja auch schon spannende Werke entdeckt, die euch inspiriert oder zum Nachdenken gebracht haben. Ich bin gespannt, welche weiteren Titel meine eigene Liste noch bereichern werden!
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